Systemisches Konsensieren im Karneval

von | Dez 2, 2019 | Alltagsanwendung, Konfliktlösung, Organisationskultur Story, SK Story | 0 Kommentare

Vom Problem zum AHA-Erlebnis

Die Problemstellung:

Ein Gremium, dessen Legitimation niemand kannte, bestimmt das jeweilige Motto für die geehrten Sitzungen der “Narren der Bibliser Turner” im Zuge der Mainzer Saalfastnacht. Genauso wenig war den vielen Mitwirkenden bewusst wer eigentlich dieses Motto bestimmte.

Die angewandte SK-Methode

Vertieftes Konsensieren

Was hat es bewirkt?

Die Kampagnen sind in allen Details – Ankündigungen, Plakate, Orden, Bühnenbild, Dekoration – abgestimmt und passend. Die Veranstaltungen selbst erscheinen aus „einem Guss“. Und die Anwendung von Systemsches Konsensieren ist nun im sechsten Jahr bereits selbstverständlich.

Die Story

Wer wie ich in einer Regionaufwuchs, in denen Karneval gefeiert wird – ich meine hier die „Mainzer Saalfastnacht“ mit Büttenreden, „Prunksitzungen“ – der weiß, wie ernst diese Angelegenheit ist. Ernst ist sie zumindest für die Personen, die eine Sitzung veranstalten. In der Turngemeinde Biblis 1906 e.V. (TG Biblis) leitete ich von 2007 bis 2018 die Karnevalsabtei-lung. Seit 70 Jahren veranstalten die „Narren“der Bibliser Turner ein bis drei Sitzungen zu denen jeweils bis zu 350 zahlende Gäste von um die 100 Akteur*innenunterhalten werden. Diese Sitzungen sind über den Ort hinaus bekannt, die Eintrittskarten begehrt, weil das Niveau der Reden, Tanz-, Gesangs und Slapstick Darbietungen recht hoch ist. Man achtet auf Details und Qualität.

Jedes Jahr steht die „Kampagne“ unter einem Motto. Mal reist die TG per Flugzeug um die Welt, mal ist man in Hollywood oder bei den Rittern im Mittelalter. Dieses Motto wurde lange von einem Gremium bestimmt, dessen Legitimation niemand kannte. Genauso wenig war den vielen Mitwirkenden bewusst wer eigentlich dieses Motto bestimmte. Es waren in der Regel diejenigen, die das Bühnenbild und den „Orden“gestalteten.

Hier ein Beispiel: Was nie wirklich gut abgestimmt war, das waren die Inhalte des Programms und das Motto. Jedes Jahr baten wir die Akteure, doch einen Bezug und Verweis herzustellen. Die Bitte fand selten Beachtung. Seit 2013/14 haben wir den Vorgang der Mottofindung verändert.

Wir laden jetzt alle Beteiligten und interessierten Mitwirkenden an einem Samstag oder Sonntagnachmittag zu einem Workshop zur Motto Findung ein. In mehreren Runden brainstormen wir mögliche Themen unter Verwendung passender Kreativ-Methoden. Jede(r) kommt zu Wort. In Stimmungsbildern spüren wir nach, welche Vorschläge sich als tragfähig zeigen. Wir befassen uns dann mit den Widerständen und optimieren die Vorschläge entsprechend. Je nach Dynamik der Gruppe wechseln wir zwischen offenen Diskussionen oder stiller Reflexion. Schließlich konsensieren wir die Vorschläge.

Seither sind die Kampagnen in allen Details–Ankündigungen,Plakate, Orden, Bühnenbild, Dekoration –abgestimmt und passend. Die Veranstaltungen selbst vom Empfang der Gäste über die Inhalte und Kostümierung bis hinzu den Schlußbildern und der Musikauswahl erscheinen aus „einem Guss“.

Inzwischen wenden wir das Verfahren im 6. Jahr an. Durch die praktische Erfahrung geht das recht flüssig vonstatten. Anfängliche Widerstände gegen die Methode sind ganz verschwunden.

Jürgen Licht aus Biblis über Konsenslotsen, Berlin



SK ist für mich der Grund, warum von einer gerechteren Welt träumen wieder Freude macht.